St. Vitus in Löningen zählt zu den ältesten Kirchengründungen des Oldenburger Münsterlandes und geht vermutlich auf die um das Jahr 800 von der Missionszelle Visbek ausgehende Christianisierung
zurück. Im Jahr 855 gelangte die Kirche in den Einflussbereich des Klosters Corvey. Der mittelalterliche Bau, entstanden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und nach dem Dreißigjährigen
Krieg erheblich erweitert, wies im Verlauf des 18. Jahrhunderts zunehmende Bauschäden auf, sodass er 1809 abgetragen werden musste.
Die heutige St.-Vitus-Kirche, ein weitläufiger klassizistischer Saalbau mit über tausend Sitzplätzen, wurde in den Jahren 1809 bis 1813 nach den Plänen von Johann Nepomuk Schmidt aus Münster
errichtet. Sie gilt als die größte pfeilerlose Saalkirche Deutschlands. Der ursprünglich auf 85 Meter Höhe geplante Turm blieb 1824 aufgrund statischer Mängel unvollendet und stürzte 1827 ein.
Nach mehreren provisorischen Holztürmen erhielt die Kirche 1959 ihren heutigen, 54 Meter hohen Glockenturm in der Form eines italienischen Campanile. Eine umfassende Restaurierung erfolgte in den
Jahren 1990 bis 1992.
Das bis heute erhaltene Orgelgehäuse entstand im Jahr 1768, wie eine Inschrift in der Kartusche der Bekrönung des Mittelturms bezeugt, und gehörte ursprünglich zu der 1770 von Johann Gottlieb
Müller aus Paderborn vollendeten Orgel der Franziskaner-Klosterkirche in Vechta. Im Zuge der Säkularisation gelangte das Instrument 1814 nach Löningen, wo es durch Anton Franz Schmid
(Quakenbrück) nur leicht verändert aufgestellt wurde. Bei einem Umbau 1893 durch Gorgonius Kröger wurde der mittlere Prospektteil zurückgesetzt und mit neuen Verzierungen versehen. Auch beim
Orgelneubau 1921 durch die Firma Fleiter (Münster) blieb der historische Prospekt erhalten.
Die heutige Orgel stammt aus der Werkstatt Alfred Führer (Wilhelmshaven) und wurde 1970 erbaut. Das vorhandene Barockgehäuse von 1768 wurde durch den Restaurator
Dr. Joseph Bohland aus Hildesheim restauriert und um die beiden 16'-Türme sowie die seitlichen Spitztürme erweitert. Die 37 Register umfassende Disposition entwarf Günter Berger (Delmenhorst);
die Intonation übernahmen Matthias Gärtner und Bernard Hartz. Zu den besonderen Klangfarben des Instruments zählen die beiden „Klangtrauben“ – das Farbkornett im ersten Manual und der Rauschbass
im Pedal – sowie die von der Dreifaltigkeitsorgel in der Benediktinerabtei Ottobeuren (Karl Joseph Riepp, 1766) inspirierten Register Copel 16' und Terz 3 1/5'.
I. OBERWERK (C–g³)
Gedackt 8'
Prestant 4'
Blockflöte 4'
Flachflöte 2'
Terzflöte 1 3/5'
Kornett 3f. [2 2/3' + 1 3/13' + 8/9']
Scharff 5f. 1'
Dulcian 16'
Franz. Tromp. 8'
Tremulant
II. HAUPTWERK (C–g³)
Copel 16'
Prinzipal 8'
Gemshorn 8'
Oktave 4'
Rohrflöte 4'
Terz 3 1/5'
Quinte 2 2/3'
Superoktave 2'
Großmixtur 6-8f. 1 1/3'
Fagott 16'
Trompete 8'
Koppel III–II
Koppel I–II
III. BRUSTWERK (C–g³)
Quintatön 8'
Nachthorn 4'
Prinzipal 2'
Quinte 1 1/3'
Zimbel 3f. 1/3'
Krummhorn 8'
Trompete 4'
Tremulant
PEDAL (C–f¹)
Prinzipal 16'
Subbaß 16'
Oktavbaß 8'
Gamba 8'
Oktave 4'
Quintade 4'
Weitpfeife 2'
Rauschbaß 5f. [5 1/3' + 3 1/5' +
2 2/7' + 1 7/9' + 1']
Posaune 16'
Zink 8'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Elektronische Setzeranlage mit Sequenzern, zusätzlich vier freie Kombinationen, Tutti, Zungen ab, Geschwindigkeitsregler für die Tremulanten.
Schleiflade mit mechanischer Spieltraktur und elektrischer Registertraktur.
1597: Ersterwähnung einer Orgel im Rahmen einer Reparatur durch den Meister Krull, der vermutlich auch Organist in Löningen war.
Im 17. Jahrhundert zahlreiche Reparaturen, u. a. 1656 durch Hans Henrich Reinking (Bielefeld). Laut Visitationsprotokoll von 1697 hat die Orgel zu diesem Zeitpunkt 7 Register.
1759/60: Orgelneubau durch Joseph Mencke (Osnabrück) in Zusammenarbeit mit Eberhard Berner (Osnabrück), I+aP/12.
1809: Beim Abbruch der baufälligen Kirche wird die Orgel durch Anton Franz Schmid (Quakenbrück) abgebaut.
1814: Aufstellung der Orgel aus dem aufgehobenen Franziskanerkloster Vechta durch Anton Franz Schmid (Quakenbrück). Das Instrument war 1768 von Johann Gottlieb Müller (Paderborn) erbaut worden, II+P/31.
1819: Abschluss der Nachbesserungsarbeiten durch Anton Franz Schmid (Quakenbrück).
1835: Reparatur durch Johann Bernhard Kröger (Goldenstedt).
1853: Instandsetzung und Umdisponierung durch Johann Bernhard Kröger (Goldenstedt).
1892/93: Instandsetzung und Verlegung der Oberwerkslade hinter das Hauptwerk durch Gorgonius Kröger (Vechta).
1921: Orgelneubau im historischen Gehäuse von 1768 durch Friedrich Fleiter (Münster), II+P/34.
1953: Umbau durch Orgelbau Friedrich Fleiter (Münster), II+P/34.
1970: Orgelneubau durch Alfred Führer (Wilhelmshaven), III+P/37. Das historische Gehäuse von 1768 wird wiederverwendet und um die beiden 16'-Türme sowie die seitlichen Spitztürme erweitert.
1982: Reparatur durch Orgelbau Alfred Führer (Wilhelmshaven).
1992: Nach der Kirchenrenovierung Reinigung, Überarbeitung und Nachintonation durch Orgelbau Alfred Führer (Wilhelmshaven).
2016: Überarbeitung der Windladen durch Martin Cladders (Badbergen).
2022: Generalsanierung mit Reinigung, Nachintonation und Erneuernug der Spielanlage incl. Einbau neuer Setzeranlage durch Rudolf von Beckerath Orgelbau (Hamburg).
Quellen und Literatur: W. Schlepphorst: Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, 1975 ⋄ F. Schild: Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Kath. Kirche im Oldenburger Land, 2011 (unveröff.) ⋄ BMO Vechta, Akten Orgelsachberatung ⋄ Letzte Änderung: 27.09.2022.
Advent und Weihnachten in St. Vitus Löningen
Ernst Ditters spielt Orgelmusik von J. M. Bach, J. S. Bach, L.-Cl. Daquin, D. Buxtehude und J. Pachelbel.
CD: Musikproduktion Dabringhaus und Grimm MDG 0644-2 (1995)
Hörbeispiel (Track 10) |